Dass es in vielen Städten in puncto nachhaltiger Mobilität noch reichlich Handlungsbedarf gibt, steht sicherlich außer Frage.

Verstopfte Straßen  verursachen in Deutschland jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe. Dabei verbringt der durchschnittliche Pendler 46 Stunden pro Jahr Stau. Hohes Verkehrsaufkommen bedeutet Kosten und geringere Produktivität – ganz zu schweigen von den negativen Folgen für Umwelt und Gesundheit.

Daher lautet die drängendste Frage: Wie können wir den Verkehr nachhaltiger gestalten? Um eine Verkehrswende zu erreichen, gilt es zunächst einmal, nachzuvollziehen, wie sich nachhaltige Verkehrskonzepte langfristig auswirken.

Und so funktioniert`s:

Warum nachhaltige Mobilität so wichtig ist

Nachhaltiger Verkehr bringt viele Vorteile mit sich, die weit über die alleinige Lösung von Verkehrsproblemen hinausgehen. Dazu gehören:

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  • Kleinerer ökologischer Fußabdruck: Nicht-motorisierter Verkehr hat so gut wie keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Radfahren und zu Fuß gehen verursacht keine Luft- und Lärmverschmutzung. Auch die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln verursacht weniger Emissionen pro Personenkilometer als Fahrzeugen mit nur einem oder zwei Insassen.
  • Weniger Staus: Je weniger Autofahrer*innen unterwegs sind, desto weniger Verkehrsbehinderungen entstehen. Das Ergebnis: Die Menschen erreichen auch in dicht besiedelten Stadtgebieten schneller ihren gewünschten Zielort. Freie Straßen und Flächen ermöglichen es uns zudem, unseren natürlichen Lebensraum besser zu schützen.
  • Geringere Kosten: Das Pendeln mit öffentlichen Bussen und Bahnen ist billiger als das Tanken und Warten von Privatfahrzeugen. Auch die Städte können sparen, denn sie müssen weniger Geld in die Instandhaltung von Straßen und Parkplätzen stecken.
  • Zusätzliche Arbeitsplätze: Mit der Einführung alternativer Verkehrslösungen werden zusätzliche Arbeitskräfte benötigt, insbesondere für die Dienste im ÖV und an den Ladestationen für Elektrofahrzeuge.
  • Bessere Gesundheit: Nachhaltiger Verkehr wirkt sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen aus. Denn wenn man sich viel bewegt, wie dies beim Radfahren und Gehen der Fall ist, trägt dies zu einem gesunden Lebensstil bei.
  • Gerechtere Gesellschaft: Ein wesentlicher Aspekt ist zudem die positive Wirkung auf die Gesellschaft. So haben alle Menschen, unabhängig von wirtschaftlichen, sozialen und physischen Kriterien, Zugang zu öffentlichen und nicht-motorisierten Verkehrsmitteln.

Aktuelle Schwerpunkte und Trends

Mit den Herausforderungen des Klimawandels rückt auch das Thema der nachhaltigen Mobilität immer stärker in den Fokus. Daraus ergeben sich folgende Verkehrstrends für das Jahr 2021, die sich sowohl auf unsere aktuelle als auch künftige Lebenssituation auswirken:

Einschränkungen für Verbrenner

Die Liste der Länder, die Verbrenner aus dem Verkehr ziehen wollen, wird immer länger. Einige EU-Mitgliedstaaten, darunter die Niederlande, Schweden, Irland und Dänemark, haben bereits Pläne für einen solchen Ausstieg bis 2030 angekündigt.

Auch in Kalifornien und Massachusetts sind ähnliche Maßnahmen geplant. Hier ist vorgesehen, den Verkauf von neuen Diesel-Fahrzeugen und Benzinern bis 2035 einzustellen.

Dies ruft auch einigen Gegenwind hervor. In Madrid kam es beispielsweise zu Protesten, als Verbrenner aus einer bestimmten Zone verbannt werden sollten.

Städte und Länder müssen die Menschen auf die Einführung dieser neuen Konzepte vorbereiten und sicherstellen, dass alle davon profitieren, unabhängig von sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Die Einbindung verkehrsberuhigter Straßen

Im Jahr 2020 verbreitete sich der Trend der sogenannten „Slow Streets“ in vielen US-amerikanischen Städten, darunter Oakland und Seattle. Diese verkehrsberuhigten Straßen sollten ursprünglich für mehr Sicherheit der Anwohner dienen, waren aber ebenso eine gute Lösung für Radfahrer*innen und Nutzer*innen anderer nicht-motorisierter Verkehrsmittel, um sicher von A nach B zu kommen.

Gerade jetzt, wo die Einschränkungen der Coronapandemie zunehmend gelockert werden und wieder mehr Meschen auf den Straßen unterwegs sind, bemühen sich viele Städte, die verkehrsberuhigten Straßenabschnitte dauerhaft aufrechtzuerhalten.

Ein kontinuierliches Monitoring des Programms könnte sicherstellen, dass die „Slow Streets“ im gewünschten Sinne genutzt werden. Darüber hinaus könnten mithilfe von Subventionen und anderen Anreizen, die Anschaffung und Nutzung von Fahrrädern und E-Scootern gefördert werden.

Die Auswirkungen von Corona auf den Verkehr

In der Coronakrise und durch die damit verbundenen Bewegungseinschränkungen wurden öffentliche Verkehrsmittel nur sehr zurückhaltend genutzt.

Viele Menschen nahmen lieber das eigene Auto als den Bus – mit erheblichen Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. Um den Städten zu ermöglichen, diese Veränderungen genauer zu analysieren, entwickelte PTV ein digitale Coronavirus-Verkehrskarte. Laut Matthias Hormuth, Head of Products bei PTV, lieferte diese detaillierte und aussagekräftige Zahlen zum Verkehrsaufkommen und den Auswirkungen auf das Straßennetz.

Best Practices für nachhaltigen Verkehr

Von der Planung und Konzeption über den Bau und Betrieb bis hin zur Wartung und Leistungsmessung – all dies gilt es zu berücksichtigen, wenn es um die Bereitstellung eines nachhaltigen Verkehrssystems geht. Das heißt konkret: Es sind Ansätze gefragt, die effektiv zur Realisierung nachhaltiger Mobilitätskonzepte beitragen

Zu den grundlegenden Methoden und Initiativen gehören:

Transport

#1 Klare Definition, was nachhaltige Mobilität bedeutet

Bei der Erarbeitung eines nachhaltigen Verkehrskonzepts ist es wichtig zu überlegen, welche Ziele eine Stadt verfolgt. Das könnte eine bessere Lebensqualität für die Bewohner*innen sein oder die Schaffung einer grünen Stadt oder ein gerechterer Zugang für alle.

Dabei sollten die Ziele auf Basis der erforderlichen Veränderungen für die Stadt definiert werden. Folgende Fragen sind wichtig:

  • Benötigen wir breitere Bürgersteige?
  • Sind ausgewiesene Fahrradwege auf den Straßen erforderlich?
  • Sollten zusätzliche Busse im ÖV eingesetzt werden?
  • Wie sieht es mit der Erreichbarkeit dieser Busse für die Anwohner und Besucher aus?

Im Endeffekt hat jede Stadt ihre Eigenheiten, die beachtet werden müssen, wenn ein nachhaltiges Verkehrsangebot geschaffen werden soll. Daher muss jede Stadt ihr eigenes Anforderungsprofil erstellen, um entsprechende Verbesserungen herbeizuführen.

#2 Für ein stabiles Gleichgewicht sorgen

Zu einem nachhaltigen Verkehrskonzept gehört ein gesundes und dynamisches Gleichgewicht zwischen Menschen, Fahrzeugen und der Umwelt. Mobilität nachhaltiger zu gestalten, bedeutet, Mobilität für alle zugänglicher zu machen – unabhängig von den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Verkehrsteilnehmer*innen. Darüber hinaus bedeutet Nachhaltigkeit, umweltspezifische Faktoren zu berücksichtigen.

#3 Ein Rahmenwerk zur Prozessimplementierung und -aktualisierung schaffen

Bei der Umsetzung nachhaltiger Mobilitätkonzepte spielen wirtschaftliche, umweltbezogene und soziale Aspekte eine wichtige Rolle. Dieses Dreigespann ist auch bekannt als Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung (Triple Bottom Line).

Zur Planung, Implementierung und Instandhaltung eines nachhaltigen Systems sollte diese Triple-Bottom-Line-Elemente als Rahmenwerk genutzt werden.

  • Wirtschaft: Für eine Mobilitätsinfrastruktur sorgen, die für alle, auch für Geringverdiener, erschwinglich ist.
  • Soziales: Sichere, zugängliche und barrierefreie Mobilitätsangebote für alle Verkehrsteilnehmer*innen entwickeln, unabhängig von Geschlecht, Alter und körperlicher Voraussetzung.
  • Umwelt: Lösungen schaffen, die Emissionen und Verschmutzung reduzieren und unseren natürlichen Lebensraum schützen.

#4 Den Zeitfaktor als Meilenstein zur Zielerreichung nutzen

Zur Entwicklung nachhaltiger Mobilitätsangebote spielt auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Denn er ermöglicht es uns, den Fortschritt nachzuvollziehen und zu bewerten.

Es ist sinnvoll, spezifische Start- und Endpunkte für die Umsetzung bestimmter Programme und Pläne zu definieren. Dies können Zeiteinheiten in Stunden, Monaten oder auch Jahreszeiten sein, durch die tatsächliche Veränderungen sichtbar und messbar werden.

Beispiele für nachhaltige Mobilität – was zukunftsorientierte Städte bereits tun

Hier sind einige Beispiele von Städten, die konkrete Schritte in Richtung nachhaltiger Verkehrslösungen unternehmen: Wie gehen sie dieses Thema an und was können Sie von ihnen lernen?

Zürichs nachhaltiges Verkehrssystem

Zürich ist eine der nachhaltigsten Städte der Welt. Die Stadt hat es geschafft, ein hervorragendes öffentliches Verkehrssystem zu entwickeln und umzusetzen, das Bewohner*innen und Besucher*innenn ermöglicht, mühelos ans gewünschte Ziel zu kommen.

Zürichs ausgezeichnetes Stadtplanungskonzept umfasst:

  • Ein ganzheitliches und leicht zugängliches öffentliches Verkehrssystem (mit Zügen, Straßenbahnen und Bussen), das aufgrund reduzierter Fahrpreise häufig genutzt wird.
  • Zusätzlicher Straßenraum für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen.
  • Um den motorisierten Verkehr im eng besiedelten Stadt- und Wohnraum zu minimieren, erhebt Zürich hohe Mautgebühren.
  • Sensoren, um die Fahrzeugbewegungen zu überwachen und den Verkehrsfluss zu steuern.
  • Eine zukunftsorientierte Mobilitätsstrategie, die sich bereits heute bewährt hat.
Zurich bridge

Die Fakten sprechen für sich: Die Mehrheit der Bewohner*innen nutzt mittlerweile das öffentliche Verkehrssystem der Stadt und die Anzahl der Autobesitzer*innen ist auf unter 50 % gesunken.

Stockholms öffentliche Verkehrsmittel, die zu 100 % mit erneuerbarer Energie betrieben werden

Seit 2017 nutzen die öffentlichen U-Bahnen, Nahverkehrszüge und Busse in der schwedischen Hauptstadt Stockholm 100 % erneuerbare Energie.

Stockholm

Norrtälje, eine Stadt in der Provinz Stockholm, betreibt bereits ein Busverkehrssystem, das komplett mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen ausgestattet ist. E-Busse sollen auch in der Hauptstadt nach und nach eingeführt werden, denn sie bieten eine intelligente, lärmarme und energieeffiziente Form der Mobilität.

Bis zum Jahr 2030 will Stockholm im Schiffsverkehr ohne fossile Brennstoffe auskommen und weniger Energie pro Passagierkilometer verbrauchen.

Stockholm ist zudem Vorreiter beim Thema Zufahrtsregelungen für Fahrzeuge, die in der Stadt unterwegs sind – immer mit dem Ziel vor Augen, Staus zu reduzieren, alternative Verkehrsmittel zu fördern und die Luftqualität zu verbessern. Dazu gehört beispielsweise die Einführung einer Umweltzone (Low Emission Zone, LEZ) mit strengen Vorschriften für große und ältere Fahrzeuge sowie Lkws.

Nachhaltige Verkehrslösungen – was Ihre Stadt bereits heute tun kann

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass es schon jetzt hilfreiche Konzepte gibt, die für eine nachhaltige Mobilität sorgen, wie beispielsweise:

  • Separate Fahrspuren für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Rollerfahrer*innen, um den nicht-motorisierten Verkehr zu fördern sowie Maßnahmen, die den motorisierten Individualverkehr erschweren.
  • Die Attraktivität des ÖVs fördern durch ein besseres Angebot, reduzierte Fahrpreise und zusätzliche Anreize
  • Neue ÖV-Strecken unter nachhaltigen Gesichtspunkten planen und gestalten und alte Strecken modernisieren.
  • Effektive Umsetzung und Koordinierung nachhaltiger Mobilitätsangebote sicherstellen

Darüber hinaus stehen moderne Technologien wie beispielsweise datengesteuerte Software von PTV zur Optimierung und Steuerung nachhaltiger Verkehrslösungen zur Verfügung. Diese Aspekte sowie weitere Fragestellungen rund um die Welt der Mobilitätsdaten sind Thema bei den Shaping Mobility Events.

Mobilität und Verkehr nachhaltig gestalten

Datengetriebene Software von PTV hilft Städten dabei, den Verkehr zu überwachen und zu optimieren.