Ausgangsbeschränkungen, Abstandsregelungen und die Angst vor Ansteckung haben die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr in der Coronakrise drastisch reduziert. Jetzt sind Verkehrsplaner*innen gefragt: Für sie heißt es, so schnell wie möglich Konzepte zu erarbeiten, die die Gesundheit der Fahrgäste und des Personals sicherstellen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, die Vorschriften hinsichtlich Sicherheit und Social Distancing im ÖV einzuhalten und dabei gleichzeitig komplexe Verkehrssysteme effizient und „massentauglich“ zu betreiben.
Weltweit war die Lage in den letzten Wochen ähnlich: In vielen Städten sanken die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr auf einen Bruchteil ihres normalen Niveaus. In einigen Ländern war es sogar nur „systemrelevanten Arbeitskräften“ gestattet, Züge, U-Bahnen und Busse zu nutzen. Mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen verbessert sich die Lage nun zwar, dennoch bleiben die Hürden für die Fahrgäste im ÖV bestehen. So ist beispielsweise die Anzahl der Personen, die in den Zügen und Bussen befördert werden können, bis auf weiteres begrenzt. Zudem müssen Reisende häufig mehr Zeit mitbringen, wenn beispielsweise an Knotenpunkten, wie Hauptbahnhöfen Körpertemperaturmessungen durchgeführt werden. Da die Verkehrsnachfrage noch etwas verhalten ist, sehen sich viele Betreiber gezwungen, ihr Fahrplanangebot zu reduzieren.
Hinzu kommt, dass sie die Sicherheit ihrer Beschäftigten gewährleisten müssen. So kann es beispielsweise erforderlich sein, in Bussen Schutzscheiben zwischen Fahrer*innen und Fahrgästen zu installieren und Alternativen zur Barzahlung anzubieten.
Glücklicherweise gibt es Planungstools, die den Verkehrsplaner*innen ermöglichen, effiziente ÖV-Angebote auch in Zeiten von Corona bereitzustellen.
Vermeiden von Menschenansammlungen
Vor allem müssen die Betreiber bedenken, dass Social Distancing im ÖV noch einige Zeit erforderlich sein wird. So gilt es auch zu verhindern, dass Fahrgäste dicht gedrängt auf Bahnsteigen oder an Haltestellen auf ihre Bahnen und Busse warten.
Bereits verfügbare Verkehrsapps, die Fahrzeiten in Echtzeit liefern, könnten Fahrgäste helfen. Denn sie ermöglichen ihnen, die gewünschten Verkehrsmittel an den Bahnhöfen oder Haltestellen in ihrer Nähe zu nehmen, ohne lange Wartezeiten und dichtes Gedränge.
Andere Maßnahmen zielen darauf ab, die Sicherheit der Beschäftigten im ÖV zu gewährleisten. Die Belgische Bahn testet derzeit Kameras mit Sensoren, um sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter*innen die entsprechende Schutzausrüstung verwenden und den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einhalten.
Auch wenn viele technologische Entwicklungen noch in den Kinderschuhen stecken, ist bereits jetzt klar, dass Verkehrsunternehmen auf moderne Technologien, einschließlich künstlicher Intelligenz, zurückgreifen müssen, um die Gesundheit der Fahrgäste und Beschäftigten sicherzustellen.
Die neuen Tools unterstützen Verkehrsplaner*innen dabei, Überbelegungsmuster zu erkennen und die Angebote an das Fahrgastaufkommen anzupassen. Insbesondere während der Stoßzeiten ist es wichtig, die Anzahl der Fahrten und Fahrzeuge entsprechend flexibel justieren zu können.
In vielen Großstädten wird den Pendler*innen empfohlen, zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren, um Busse und Bahnen zu entlasten. Städte auf der ganzen Welt fördern nun einen Wandel der Mobilitätskultur und setzen auf mehr Radverkehr.
Neuste Technologien für mehr Schutz
Die Verkehrsbehörden benötigen Systeme, um Bereiche zu erkennen, in denen die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden.
Einige der derzeit getesteten Tools liefern bereits vielversprechende Ergebnisse. Vor kurzem haben beispielsweise Entwickler*innen der PTV Group mit Hilfe der unternehmenseigenen Fußgängersimulationsoftware unterschiedliche Szenarien zur Wahrung der sozialen Distanz zwischen Fußgängern simuliert. Die Simulation lieferte mehrere Vorschläge zum Social Distancing im ÖV, wie z. B. Gehwege, die nur in einer Laufrichtung genutzt werden dürfen. Zudem zeigte sie Lösungen zur Abstandsregelung von zwei Metern zwischen den Fußgänger*innen auf.
Auch Veränderungen von Nachfrage und Angebot des ÖVs in der Zeit nach Covid-19 lassen sich problemlos visualisieren. So können Verkehrsplaner*innen beispielsweise mit PTV Visum die Anzahl der Busse planen, die erforderlich ist, um die vorgeschriebene Fahrgastbegrenzung in den einzelnen Fahrzeugen nicht zu überschreiten. Die Modellierungssoftware zeigt zudem, wie der ÖV gestaltet werden sollte, um die künftige Verkehrsnachfrage decken zu können.
PTV Optima, eine weitere Softwarelösung der PTV Group, unterstützt bei der elektronischen Meldung der Anzahl der Fahrgäste in einem Zugabteil oder Bus, sodass Planer*innen die Kapazitätsauslastung der öffentlichen Verkehrsmittel in Echtzeit steuern können.