Städte weltweit streben heute danach Staus zu reduzieren und ein nachhaltigeres Umfeld für ihre Einwohner zu schaffen. Wichtige Element sind dabei nicht nur der Radverkehr und der öffentliche Nahverkehr, sondern zunehmend auch der Fußverkehr. Der urbane Raum soll anders verteilt werden – weg von einem Ansatz, der die Bedürfnissen der Verkehrsträger (vor allem des Autos) in den Mittelpunkt rückt, hin zu einem der sich an den Verkehrsteilnehmer*innen selbst orientiert.
So stehen Stadt- und Verkehrsplaner*innen vor der Herausforderung, Straßen fußgängerfreundlich zu gestalten. Technologie kann sie in diesem Prozess unterstützen.
Tobias Kretz, Produktmanager bei der PTV Group und Spezialist für Fußverkehr, erklärt den Prozess: „Die Herausforderung besteht darin, Städte für Fußgänger*innen attraktiver und sicherer zu machen. Das bedeutet, geschickt mit beliebten und engen Räumen umzugehen- und alle Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen, ohne ihre Attraktivität zu mindern.“
Er fügte hinzu, dass eine weitere Herausforderung darin bestehe, „dass Stadtplaner*innen bei der Entwicklung häufig alle nicht motorisierten Verkehrsteilnehmenden als eine Gruppe behandeln. Das führt fast zwangsläufig zu Konflikten zwischen Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, die dann durch zusätzliche Maßnahmen gelöst werden müssen.“
Schlüsselelemente für fußgängerfreundliche Städte
Zunächst einige der Elemente, die für eine fußgängerfreundliches Straßen-Design wichtig sind:
Platz: Die Menschen sollten genügend Platz haben, um zu spazieren und miteinander zu kommunizieren. Ein angemessener Gehweg wirkt sich auf den Komfort, die Sicherheit und die Bereitschaft der Menschen aus, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten. Expert*innen schätzen, dass die erforderliche Mindestbreite eines Gehwegs in einer belebten Straße 2,5 Meter betragen sollte.
Den Menschen im Fokus: Wenn wir wollen, dass sich mehr Menschen zu Fuß auf unseren Straßen bewegen, müssen wir aufhören, sie als Hoheitsgebiet des Autoverkehrs zu betrachten. Straßenräume sollten zu Fußgängerzonen werden, an denen die Menschen gerne spazieren gehen oder Zeit verbringen. Dazu müssen sie attraktiv und auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zugeschnitten sein.
Vernetzung: Wenn Straßen untereinander und mit Sehenswürdigkeiten oder anderen Point of Interest gut verknüpft sind, lädt dies zum Laufen ein. Stadtplaner*innen müssen für eine gute Anbindung sorgen – zum Beispiel auch an Wohn- und Gewerbegebiete und zu öffentlichen Verkehrsmittel.
Zugang: Wer viel zu Fuß unterwegs ist, ärgert sich über Schwachstellen des Wegnetzes. Bei fehlenden Straßenübergängen oder Behinderungen des Weges kann es zu gefährlichen Situationen kommen. Gute Querungen, geöffnete Durchgänge, kurze Wege und gute Orientierungsmöglichkeiten sind einige der wesentlichen Anforderungen an ein gutes Wegenetz für Fußgängerinnen und Fußgänger
Inklusion: Mobilitätseinschränkungen erfordern zusätzliche Maßnahmen. Rollstuhlfahrer*innen benötigen etwa abgesenkte Bordsteine und einen generell stufenfreien Zugang, ältere oder kranke Menschen Sitzgelegenheiten. Eine Gestaltung für die „schwächsten“ Verkehrsteilnehmer*innen bringt dabei immer auch Vorteile im Komfort für alle anderen.
Ampelschaltung: „Grüne Wellen“ an Ampeln sind eine bekannte Maßnahme zur Verbesserung des Verkehrsflusses für den Auto- und auch Radverkehr. Aber was ist mit einer grünen Welle für Fußgänger*innen? Fußgänger*innen gehen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, was es schwierig macht, eine effektive grüne Welle für alle zu planen. Einige Ampelschaltungen können jedoch die Wartezeiten für Fußgänger*innen erheblich verkürzen – die Stadt Straßburg hat dies beispielsweise mit Hilfe der Software für Fußgängersimulation PTV Viswalk erreicht.
Sicherheitszonen: Fußgänger*innen und andere vulnerable Verkehrsteilnehmende müssen vor dem Autoverkehr geschützt werden. Zonen mit breiten Gehwegen und verkehrsberuhigter Infrastruktur sorgen für gefühlte und tatsächliche Sicherheit.
Gemeinsam genutzte Straßenräume: Dabei handelt es sich um Bereiche, in denen sich Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Autofahrer*innen den Straßenraum teilen, ohne dass jemandem eindeutig Vorrang eingeräumt wird. Geteilte Straßen eignen sich für langsamen Verkehr bei geringerem Verkehrsaufkommen. Untersuchungen zufolge tragen solche gemeinsam genutzten Straßenräume zur Sicherheit bei. Sie sind aber auch eine Herausforderung für Mobilitätsplaner*innen, die mit Bedacht Straßen auswählen müssen, die geeignet sind (und solche, die es nicht sind), und die richtigen Verkehrsmaßnahmen ergreifen müssen. Es ist ein umstrittenes Konzept: Die Straßen ermöglichen es Fußgängern, den kürzesten Weg zu nehmen (kein zusätzlicher Fußweg zum Erreichen von Kreuzungen), sind aber möglicherweise weniger sicher als reine Fußgängerzonen.
Öffentlicher Raum: Ungenutzte oder inaktive öffentliche Flächen entlang einer Straße können recht einfach in Raum für Menschen umgewandelt werden, wo man sich treffen, hinsetzen und austauschen kann. Solche Plätze verschönern das Stadtbild, fördern umliegende Plätze und tragen sogar zur Sicherheit bei.
Schatten und Regenschutz: Ob Menschen zu Fuß gehen oder nicht ist oft auch vom Wetter abhängig. Auch hier lässt sich im Straßendesign ansetzen: Etwa mit Bäume die Schatten spenden, Möglichkeiten sich bei Regen unterzustellen oder guten Wasserabläufe, damit man nicht durch Pfützen waten muss.
Fußgängerfreundliches Straßen-Design planen
Der Planungsprozess ist entscheidend für den Erfolg einer neuen fußgängerfreundlichen Straße oder eines Gebiets. Tobias Kretz, der Experte der PTV Group erklärt, dass diese Aufgabe viele Facetten hat und multidisziplinär ist.
Die Software PTV Viswalk hilft dabei, Ampelschaltungen zu optimieren, Engstellen an belebten Plätzen zu identifizieren und die daraus resultierenden Probleme zu lösen.
In der frühen Planungsphase verschiedene Maßnahmen zu simulieren bringt viele Vorteile, so Kretz: „Verschiedene Lösungsvorschläge mit Hilfe von Software auszuprobieren ist viel billiger, als Fehler dann zu erkenne, wenn die Maßnahme bereits umgesetzt ist. In der Simulation beschweren sich Fußgänger*innen auch nicht, wenn eine Idee, die zunächst plausibel erschien, nicht wie geplant funktioniert.“