Wird die 112 gewählt, zählt für die Rettungskräfte jede Minute. Doch gerade in Städten verhindern dichter Verkehr und Baustellen häufig zügiges Vorankommen der Rettungsfahrzeuge. Rote Ampeln können zwar mit Blaulicht und Martinshorn vorrangig überfahren werden, stellen jedoch eine große Gefahrenquelle für Unfälle mit dem Querverkehr dar. Durch welche Maßnahmen kommen Feuerwehr und Krankenwagen also schneller und sicherer ans Ziel? Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich das Forschungsprojekt SIRENE. Im Zentrum des Projekts, das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert wurde, standen Lösungen, die Vorrechte und damit eine grüne Welle für Rettungsfahrzeuge ermöglichen.

So arbeitete das Forschungsteam an einem smarten Navigationssystem, das auch kurzfristige Verkehrsänderungen in die Routenplanung mit einbezieht. Zudem wurde moderne Kommunikationstechnik wie das sogenannte digitale Blaulicht getestet: In der Pilotstadt Braunschweig statteten die Beteiligten drei Feuerwehrfahrzeuge und einen Rettungswagen mit LTE-Mobilfunk und der so genannten Car2X-Kommunikation aus, mit der die Fahrzeuge Informationen mit anderen Fahrzeugen oder der Verkehrsinfrastruktur etwa in Form von Ampeln austauschen können.

Im Laufe des Projekts erprobten die Expert*innen darüber hinaus verschiedene Verfahren, um die Ampeln intelligent zu steuern und so eine grüne Welle für Rettungsfahrzeuge zu schalten. Dabei kam PTV-Know-how zum Einsatz.

„Im öffentlichen Verkehr ist es bereits üblich, dass Busse und Bahnen an Kreuzungen bevorrechtigt werden. Unsere Software PTV Epics ermöglicht eine verkehrsadaptive Signalsteuerung. Sie optimiert die Wartezeiten für den ÖPNV, für den Individualverkehr aber auch für Fußgänger und Radfahrer. Mit solchen intelligenten Ampeln lassen sich beispielsweise auch Emissionen senken, da der Verkehrsfluss sich verbessert und es weniger Stop-and-Go gibt“, sagt Silke Forkert aus dem PTV Research-Team, die das Projekt SIRENE begleitet hat. „Für SIRENE haben wir unsere Software so angepasst, dass Einsatzwagen priorisiert werden, also eine grüne Welle für Rettungsfahrzeuge entsteht.“

Die Software prognostiziert im Sekundentakt die Verkehrssituation für die nächsten 100 Sekunden, bewertet anhand eines internen Modelles die verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten und wendet die beste Option an.

„Ampeln werden herkömmlicher Weise über sogenannte Ablaufdiagramme gesteuert. Das sind für jede Strecke separat vorausgeplante und programmierte Logiken, wie die Signalanlage in festgelegten Situationen reagieren soll. Wird zum Beispiel der Straßendetektor von einem Bus getriggert, ist ein bestimmter Ablauf festgelegt, damit der Bus schnell Grün bekommt“, erklärt Florian Weichenmeier, der für die technische Umsetzung bei der PTV verantwortlich war. „Bei unserer Software handelt sich es dagegen um eine adaptive Steuerung. Sie optimiert angepasst an die aktuelle Situation selbst.“

In der Software werden die unterschiedlichen Verkehrsmodi verschieden hoch priorisiert. Meldet ein Sicherheits- oder Einsatzfahrzeug mit oberster Priorität zum Beispiel über Car2X-Kommunikation, dass es freie Fahrt benötigt, stellt die Software die Ampeln so auf Grün, dass es möglichst ohne Abbremsen über die Kreuzung fahren kann – und dabei der übrige Verkehr möglichst wenig beeinträchtigt wird.

„PTV Epics kann wesentlich flexibler und leichter eingesetzt werden als herkömmliche Steuerungsverfahren, da nicht jede Lichtsignalanlage aufwändig neu geplant werden muss“, so Florian Weichenmeier.

Wie reibungslos die Schaltung einer grünen Welle für Rettungsfahrzeuge laufen kann, zeigten die Expert*innen der PTV in einer Simulation, die im Rahmen des Projekts Sirene erstellt wurde.

Silke Forkert fasst zusammen: „Als Partner im Projekt SIRENE konnte PTV die Grundlage dafür schaffen, dass die Ampeln in Deutschland auf einfache Weise mit Steuerungen ausgestattet werden können, die  moderne C-ITS Technologie integrieren und so Einsatzfahrzeugen eine sicherere und schnellere Durchfahrt ermöglichen. So kann in Notfällen schneller reagiert werden.

Über SIRENE

Das vom BMVI beauftragte und geförderte Forschungsprojekt „Beschleunigung von Sicherheits- und Rettungseinsätzen durch Grüne Wellen und optimiertes Routing – SIRENE“ lief von 2017 bis 2021. Verbundkoordinator war das Institut für Automation und Kommunikation e.V., Magdeburg. Neben der PTV Group waren weitere Partner involviert: die AFUSOFT Kommunikationstechnik GmbH, Königsbach-Stein, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. – Institut für Verkehrssystemtechnik, Braunschweig, die GEVAS software Systementwicklung und Verkehrsinformatik GmbH, München sowie die Stadt Braunschweig – Fachbereich Feuerwehr. Das Projektvolumen betrug 2,57 Millionen Euro, der Förderanteil des BMVI machte 78 Prozent aus.

Ampel intelligent steuern

Verkehrsadaptiven Lichtsignalanlagen verflüssigen nicht nur den Straßenverkehr, sondern reduzieren auch die Emissionen.

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