Während Politik und Gesellschaft über Klimaschutz diskutieren, rollt die Verkehrswende bereits auf Zweirädern an: Im vergangenen Jahr stieg der Verkauf von Fahrrädern in Deutschland um knapp 20 Prozent. Die Menschen möchten mehr radeln – und werden ausgebremst, weil es vielerorts noch an der passenden Verkehrsinfrastruktur mangelt. Damit Radfahrer*innen nicht nur mehr, sondern auch weiter radeln können, setzen Expert*innen auf Radschnellwege. Die „Fahrrad-Autobahn“ erweitert den Bewegungsradius, erhöht die Sicherheit und steigert damit das Potenzial für Radverkehr.

„Es braucht mehr Platz, mehr Geld, mehr Rechte“, fordern Klima- und Fahrradaktivist*innen, die sich für die Verkehrswende einsetzen. Dabei spielt die Sicherheit der Radfahrer eine zentrale Rolle. Es reicht nicht aus, etwas Farbe auf die Straße zu pinseln. Rufe nach Radwegen, auf denen Kinder sicher fahren können und die nicht von Falschparkern blockiert werden, werden immer lauter. Städte und Kommunen sind gefordert, passende Infrastruktur zu schaffen.

Das Fahrrad – ein Beitrag zum Klimaschutz

Die Metropolregionen weltweit haben alle dasselbe Problem: Mehr Menschen ziehen mehr Verkehr mit sich. Dadurch kommt es zu mehr Stau, mehr Unfällen, schlechterer Luft und sinkender Lebensqualität. Die Suche nach besseren Lösungen treibt Expert*innen weltweit um. Das Fahrrad kann der die Karten bei der Lösung der Verkehrsprobleme neu mischen:

  • Es ist das effizienteste aller Verkehrsmittel, braucht nur ein Zehntel des Platzes eines Autos zum Parken und nur ein Fünftel bei der Fortbewegung.
  • Es kostet viel weniger als der ÖPNV und ist für alle erschwinglich.
  • Es macht keinen Krach, schont die Ressourcen und das Klima.
  • Es fördert die Lebensqualität, die soziale Interaktion unter Menschen – und die Gesundheit.
Radfahren spielt bei der Verkehrswende eine zentrale Rolle. Städte und Kommunen sind gefordert, passende Infrastruktur zu schaffen.
Radfahren spielt bei der Verkehrswende eine zentrale Rolle. Städte und Kommunen sind gefordert, passende Infrastruktur zu schaffen.

Alle politischen Ebenen können und müssen mithelfen, das Fahrrad wieder zum Lieblingsverkehrsmittel zu machen. Der Bund müsste Gesetze und Regelwerke vereinfachen, sodass Kommunen passende Infrastruktur leichter aufbauen und umsetzen können. Fahrradfreundliche Verhältnisse und Platz für städtisches Leben kommen nur durch beherztes verkehrspolitisches Handeln und die Umverteilung des Straßenraums. Ein wichtiger Baustein dabei ist der Nationale Radverkehrsplan 3.0 (NRVP). Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben die PTV Group und das Fraunhofer ISI unter Koordination der ifok GmbH das Projekt fachmännisch begleitet. Sowohl Expert*innen als auch Bürger*innen waren in die Entwicklung des neuen NRVP involviert und haben neue Ansätze für die weitere Radverkehrsförderung in Deutschland entwickelt. Die Ideen sind in den Radverkehrsplan eingeflossen und sollen das Land bis 2030 zu einem Fahrradland machen.

Den Ländern kommen zwei Funktionen zu: Sie müssen die überregionalen Radwegenetze konzipieren und koordinieren, Pools für spezialisierte Planer*innen aufbauen – und Kommunen dabei unterstützen, die Bundesmittel aus dem Klimapaket „Sonderprogramm Stadt und Land“ zügig auf die Straße zu bringen.

Die eigentliche Verkehrswende aber passiert in den Kommunen: Sie müssen jetzt neue Konzepte für das autoreduzierte Leben in der Stadt und auf dem Land entwickeln, Planungspersonal einstellen und sich mit den Nachbargemeinden vernetzen. Sie müssen flächendeckende Radwegenetze planen und bauen, Radschnellwege für Pendler*innen einrichten, Millionen Fahrradstellplätze schaffen, Problemstellen und gefährliche Kreuzungen entschärfen – und natürlich gleichzeitig den ÖPNV und Fußverkehr stärken, denn nur gemeinsam sind sie stark.

Radschnellwege

Radschnellwege eignen sich dazu, den Bewegungsradius zu vergrößern. Das steigert das Potenzial für den Radverkehr, weil auf diese Weise auch längere Wege für Radfahrende attraktiver werden. Auch E-Bikes könnten auf Radschnellwegen ihre Stärke voll ausspielen.
Radschnellwege sind ein Wegbereiter für eine insgesamt ganzheitliche Planung des Radverkehrs. Für die Planung und den Bau von Radschnellwegen sind zahlreiche Kriterien festgelegt, die bei allen Radverkehrsinfrastrukturen mitgedacht werden sollten. So ist beispielsweise eine gute Beleuchtung ebenso vorgeschrieben wie Bodenmarkierungen und Beschilderungen.

Der Radschnellwege-Planer

Wo starten Menschen ihre Reise mit dem Rad? Wohin zieht es sie? Mit dem Radschnellwege-Planer können Städte und Kommunen auf sehr einfache Weise eine Idee davon bekommen, wo wichtige Korridore für potenzielle Radverkehrsinfrastruktur liegen. Datenbasiert, methodisch fundiert und nachvollziehbar für ein breites Publikum.
Dafür hält das Online-Tool eine Informationen zu Wohnbevölkerung, Arbeitsplätzen, Studierenden- und Schülerzahlen sowie Pendleraufkommen bereit. Diese Informationsgrundlage lässt sich mit eigenen Daten weiter anreichern. So können Städte und Kommunen beispielsweise Zahlen zu Umweltzonen, Neubaugebieten oder Bevölkerungswachstum ergänzen.

Konzipieren, visualisieren, analysieren und realisieren Sie Radschnellwegekonzepte - intuitiv und datenbasiert.
Konzipieren, visualisieren, analysieren und realisieren Sie Radschnellwegekonzepte - intuitiv und datenbasiert.

Von der Potenzialanalyse zur nachfrageorientierten Modellierung

Für eine erste Potenzialanalyse sind folgende Aspekte wichtig: Wo wohnen die Menschen? Wo befinden sich Arbeitsplätze, wo Schulen und Einkaufsmöglichkeiten? Tools zur Visualisierung und Analyse von Daten, wie der Radschnellwege-Planer, geben mit wenigen Klicks Auskunft über das Potenzial von Korridoren und zeigen, wie viele Wege sich beim Ausbau der Infrastruktur auf das Fahrrad verlagern lassen. Auf diese Weise können sich Städte und Kommunen einen ersten Überblick verschaffen, ob sich eine infrastrukturelle Idee positiv auf mehr Radverkehr auswirkt. Anschließend muss analysiert werden, wo der neue Radweg verlaufen könnte. Auch für grünere Mobilität gilt: idealerweise keine neuen Flächen versiegeln. So eigenen sich beispielsweise still gelegte Bahnschienen hervorragend, um sie in neue Radinfrastruktur zu verwandeln.

Ist die Grobplanung geschehen, geht es ans Detail. Dabei wird nicht nur die Hauptrelation betrachtet, sondern auch das Potenzial entlang dieses Korridors. Hier ist ein Verkehrsmodell, das man mit relevanten Strukturdaten füttert und mit dem sich die exakte Nachfrage modellieren lässt, Gold wert. So sehen Städte und Kommunen beispielsweise, welche Effekte ein Radschnellweg zwischen zwei Zentren auch auf Vororte oder Ziele entlang der Strecke haben. Jahrzehntelang lag das Augenmerk der Politik und Gesellschaft auf dem Auto. Nun ist es wichtig, dass andere Modi präsenter werden und Fahrradfahren ernst genommen wird.

Shaping Mobility Webinar: “Bicycle and corona: Did the traffic revolution happen?”

In diesem kostenlosen Webinar aus der Shaping Mobility Reihe diskutieren Mobilitätsexpert*innen über die Veränderungen, die COVID-19 für Fahrradfahrer*innen gebracht hat und was das für die Stadt- und Verkehrsplanung bedeutet. Diskutieren Sie mit!

Schreibe einen Kommentar