Gerade erst hat meine Kollegin Franziska Pfaff den Öffentlichen Verkehr (ÖV) als einen echten Helden des Transportwesens bezeichnet. Weil er sich nicht nur sicher und stressfrei nutzen lässt, sondern auch, weil er Arbeitsstellen schafft und am Ende sogar mehr Geld erwirtschaftet als er kostet! Aber welches Potenzial steckt im ÖV als Eckpfeiler nachhaltiger Mobilität wirklich? Das Horizon Europe Projekt UPPER will es wissen.
Der Name ist Programm, denn UPPER steht für die Entfaltung des Potenzials des ÖVs in Europa (Unleashing the Potential of Public Transport in Europe). Der Fokus liegt auf der besonderen Bedeutung des öffentlichen Verkehrs auf dem Weg zur emissionsfreien Mobilität: So soll eine Kombination aus 80 Maßnahmen in zehn Städten und Regionen die Menschen für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel in ganz Europa begeistern.
Kann mit dem ÖV die Mobilitätswende gelingen?
Städte spielen eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Klimaneutralität bis 2050, dem Ziel des europäischen Green Deal. Um den Übergang zur Klimaneutralität in Städten zu beschleunigen, arbeiten die Projektbeteiligten daher mit zehn Städten und Regionen zusammen: Valencia, Rom, Versailles Grand Parc – Île de France, Oslo, Mannheim, Lissabon, Leuven, Budapest, Thessaloniki und die Region Hannover. Der Startschuss zu dem auf vier Jahre angelegten und von der UITP koordinierten Projekt fiel im Januar 2023. Das Gesamtziel der sog. Living Labs und Städtepartnerschaften besteht darin, die Nutzung des ÖVs um mehr als 30 Prozent und die Zufriedenheit der Fahrgäste um mehr als 25 Prozent zu steigern.
Das reale Potenzial des ÖV
Aber sind die Menschen wirklich bereit, zugunsten des öffentlichen Verkehrs auf ihr Auto zu verzichten? Die Chance dazu liegt in der partizipativen Verwaltung und der Einbeziehung der Bürger, um die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen bestmöglich zu berücksichtigen. Charlotte Fléchon, Senior Project Manager, PTV Group – part of Umovity, ist daher überzeugt: „Ein solides öffentliches Verkehrssystem ist entscheidend für die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit und die Gewährleistung eines sicheren und gleichberechtigten Zugangs zur Mobilität. Um jedoch eine breite Nutzung im Alltag zu fördern, müssen wir die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt der Planungs- und Betriebsprozesse stellen.“
Verkehrsplanungssoftware für die reale Planung und Umsetzung
Die geplanten Maßnahmen werden durch das UPPER-Toolkit (U-TWIN, U-SIM, U-NEED, U-GOV, U-KNOW, U-TRANSFER und U-SUMP) unterstützt. Dabei handelt es sich um sieben IT-Tools, die soziale und technologische Innovationen kombinieren und in den Living Labs und Twinning-Standorten demonstriert werden. Mit U-SIM, Teil des UPPER-Toolkits für die Umsetzung der Maßnahmen, fließt PTV-Technologie zur Verkehrsplanung in das Projekt ein (siehe Infobox): Diese Lösung basiert zum einen auf der Desktop-Software PTV Visum (U-SIM.plan), zum anderen auf PTV Optima, der Software für Echtzeitverkehrsmanagement (U-SIM.live).
Die 84 Maßnahmen sollen auf fünf „Innovationsachsen“ einwirken, welche die Entscheidungen der Nutzer bei der Verkehrsmittelwahl beeinflussen:
- Mentalität und Kultur
- Städtische Mobilitätsplanung
- Ökosystem für Mobilitätsdienstleistungen
- Verwaltung des Straßennetzes
- Demokratische Verwaltung
Natürlich können wir alle nicht in die Zukunft blicken – aber der ÖV hat ein erhebliches Potenzial. Wie groß, das wird das Forschungsprojekt UPPER zeigen.
Verkehrsplanungstechnologie integriert in U-SIM
Mit U-SIM fließt PTV-Technologie zur Verkehrsplanung ein: U-SIM.plan basiert auf der Verkehrsplanungslösung PTV Visum, die bereits bei acht der zehn Städte im Einsatz ist. Es ist ein umfassendes, flexibles Softwaresystem für die Verkehrsplanung, die Modellierung der Verkehrsnachfrage und das Netzdatenmanagement. Konzipiert für multimodale Analysen integriert das Tool alle relevanten Verkehrsträger wie Züge, Straßenbahnen, Busse, Fußgänger, Radfahrer, Pkws und Lkws in ein einheitliches Netzmodell. Dieses Netzmodell bildet den Standard für makroskopische Simulationen und die makroskopische Modellierung sowohl von Verkehrsnetzen als auch der Verkehrsnachfrage. Damit lassen sich der der öffentliche Verkehr planen sowie langfristige Verkehrsstrategien und
-lösungen entwickeln.
U-SIM.live hingegen fußt auf PTV Optima, das bereits von einigen der Partnerstädte genutzt wird. Es handelt sich dabei um eine Software für Echtzeitverkehrsmanagement, über die sich der kurzfristige operative Einsatz steuern lässt. Eine Reihe webbasierter Tools ermöglicht es den Betreibern der Mobilitätszentralen, die verschiedenen Verkehrsträger der städtischen Mobilität live im Zusammenspiel zu orchestrieren, sowohl private Verkehrsmittel als auch öffentliche Verkehrssysteme: Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und Züge. Das Netzwerkmodell basiert auf einem standardmäßigen digitalen Zwilling, wie er sich in PTV Visum modellieren lässt. Live-Daten aus Konnektoren und Live-Datenfeeds zu verschiedenen Aspekten der Mobilität halten das System immer auf dem aktuellen Stand. In UPPER unterstützt es die Betreiber des öffentlichen Verkehrs bei operativen Entscheidungen.