Der Sommer 2024 bringt gleich zwei Sportspektakel nach Europa: Die Fußball-Europameisterschaft der Herren in Deutschland und die Olympischen Spiele in Paris. Solche Großveranstaltungen erfordern eine akribische Planung, insbesondere was die Mobilität von Millionen von Zuschauern angeht. Wie gehen also die Gastgeberländer diese Herausforderung an und wie können digitale Tools dies unterstützen?
Nachhaltige Mobilitätsstrategie für die UEFA Euro 2024
Wenige Woche vor dem Beginn der UEFA EURO 2024 im Juni laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. In den zehn Austragungsstädten von Berlin bis München werden 2,7 Millionen Stadionbesucher*innen und etwa 7 Millionen Gäste in den Fanzonen und bei den Public Viewings erwartet. Um eine sichere und komfortable Fanmobilität zu gewährleisten, setzt Deutschland auf ein nachhaltiges Mobilitätskonzept. Die An- und Abreise zu den Spielorten soll möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen.
Ein spezielles Verkehrsleitkonzept soll zudem ein Verkehrschaos auf den Straßen verhindern. So ist zum Beispiel vorgesehen, dass es im 50-Kilometer-Radius um die Spielstätten nur dringend erforderliche Baustellen geben soll.
Wer ein Ticket für eines der Spiele hat, kann während er Europameisterschaft ermäßigt mit dem der Bahn anreisen. Jeden Tag sind 14 Sonderzüge mit rund 10.000 zusätzlichen Plätzen vorgesehen. Für internationale Fans gibt es zudem ermäßige Interrail-Pässe
Im Match-Ticket ebenfalls integriert ist zudem die Anreise mit dem ÖPNV in der jeweiligen Austragungsstadt. Um den Ansturm der Passagiere auf Busse, Trams und S-Bahnen zu bewältigen, bauen die lokalen Verkehrsbetreiber ihr Angebot in der Zeit der Europameisterschaft aus. Mit dem Fahrrad oder E-Scooter zum Stadion oder zur Fanzone ist ebenfalls eine Option, die von allen zehn Spielstädten unterstützt wird. So gibt es allerorts vermehrten Zugang zu Leifahrrädern und E-Bike-Ladestationen.
Ein spezielles Verkehrsleitkonzept soll zudem ein Verkehrschaos auf den Straßen verhindern. So ist zum Beispiel vorgesehen, dass es im 50-Kilometer-Radius um die Spielstätten nur dringend erforderliche Baustellen geben soll.
Um die Anreise mit dem Auto möglichst unattraktiv zu machen, sind verkehrsberuhigte Zonen, ein reduziertes Parkplatzangebot und hohe Parkgebühren geplant. In Hamburg, Leipzig, Berlin und Frankfurt soll es gar keine Besucherparkplätze an den Stadien geben.
Ausführliche Informationen An- und Abreise während der Fußball-Europameisterschaft 2024 finden Fans auf Webseite der UEFA.
Aktive Mobilität bei den Olympischen Spielen in Paris
Paris richtet sich in der Stadt- und Mobilitätsplanung in den letzten Jahren verstärkt auf die Bedürfnisse der Menschen aus, um ein lebenswertes urbanes Umfeld zu schaffen. Dieser Ansatz steht auch für die Olympischen Spiele und Paralympics im Mittelpunkt.
Vom Juli bis Anfang September werden Millionen von Besucher*innen in der französischen Hauptstadt erwartet. Diesem Ansturm will die Metropole mit einem Mobilitätskonzept gerecht werden, das Autoverkehr stark reduziert und Fuß- und Radverkehr stärkt.
So wird während der Olympischen Spiele und den Paralympics der Autoverkehr auf 185 Straßenkilometern in der Region Île-de-France drastisch eingeschränkt. Ausgewiesene rote Zonen, insbesondere in der Nähe der olympischen Austragungsorte, werden sogar vollständig für Autos gesperrt. Die Sicherheit von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen hat hier Vorrang.
Laut Florent Bardon, dem nationalen Olympia-Mobilitätskoordinator, strebt Paris an, die „ersten Fahrrad-Spiele der Geschichte“ auszurichten. Das heißt, dass das Rad das Hauptverkehrsmittel werden soll, um in Paris während der Sport-Großveranstaltung von A nach B zu kommen. Die Stadt will Radwege auf insgesamt 415 Kilometer ausbauen und dafür sorgen, dass alle olympischen Austragungsorte über sichere Radwege erreichbar sind. Darüber hinaus sollen 10.000 neue Fahrradparkplätze eingerichtet werden. Das Fahrradverleihsystem Vélib soll mit 3.000 neuen Fahrrädern ausgestattet und damit erheblich erweitert werden.
Die zweite Säule für den nachhaltigen Mobilitätsmix während der Spiele: der öffentliche Verkehr. So ist geplant, den Betrieb von Bussen, der Metro und Zügen im Vergleich zum normalen Sommerverkehr in der Region Paris um 15 % aufzustocken.
Für die barrierefreie Mobilität von Zuschauer*innen mit Behinderung sowie von Athlet*innen, Organisatoren und Freiwilligen sorgt zudem Mobilitätspartner Toyota mit rund 250 emissionsfreien elektrischen Shuttles.
Auch wenn nachhaltige Mobilitätsoptionen Vorrang haben, ist Paris auch auf ein effizientes Management des Autoverkehrs vorbereitet. Echtzeit-Datenanalysen auf Basis von PTV-Technologie ermöglichen es der Metropole, das Hauptstraßennetz proaktiv zu überwachen und die Zuverlässigkeit von Live-Verkehrsinformationen zu verbessern.
Eine Webseite liefert die wichtigsten Informationen für die Reiseplanung während der Olympiade.
Intelligente Software für einen reibungslose Mobilität
„Im vergangenen Jahr erregten die Konzerte von Popstar Talyor Swift in den USA nicht nur wegen der Shows Aufsehen, sondern weil sie ein Verkehrschaos verursachten“, sagt Christian U. Haas, CEO der PTV Group als Teil der internationalen Dachmarke Umovity. „Rund um die Konzertlocations stieg das Verkehrsaufkommen um bis zu 850 Prozent.“
Um ein solches Verkehrschaos bei Großveranstaltungen zu verhindern, ist nicht nur ein akutes, effizientes Verkehrsmanagement in Echtzeit wichtig, sondern auch ein gutes Mobilitätskonzept im Vorfeld. Modellierungs- und Simulationssoftware sind integraler Bestandteil des Planungsprozesses – was eine reibungslose An- und Abreise der Besucher*innen angeht und in Bezug auf die Sicherheit in den Stadien und Eventlocations.
Christian U. Haas erklärt: „Tools wie PTV Visum oder PTV Vissim unterstützen die Organisatoren und Veranstaltern dabei, die Kapazität der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur zu bewerten und Transportressourcen wie Busse oder Shuttles zu optimieren. Sie liefern eine daten-gestützte, fundierte Entscheidungsgrundlage für notwendige Verbesserungen und Anpassungen, um den Zustrom von Besucher*innenn zu bewältigen.“
Bei der Bewerbung Istanbuls für die Olympischen Spiele 2020, wurde beispielsweise PTV-Software eingesetzt, um die Wirksamkeit eines vorgeschlagenen Shuttlebussystems zu simulieren.
Im virtuellen Umfeld können Planer*innen unterschiedliche Szenarien testen und damit die Auswirkungen von Straßensperrungen, speziellen Fahrspuren für Veranstaltungen oder die Förderung des öffentlicher Nahverkehr sowie aktiver Modi wie Radfahren und dem Fußverkehr bewerten.
Ein wichtiges Einsatzfeld von Simulationssoftware sind zudem Sicherheitskonzepte für große Stadien und Veranstaltungsstätten. Personenstromanalysen helfen dabei, den betrieblichen Ablauf zu simulieren, wie beispielsweise die Länge der Warteschlange am Einlass oder den Verkaufsständen, und Engstellen und mögliche Gefahrenquellen zu identifizieren. Planer*innen können Fluchtwege, Notausgänge und Evakuierungsszenarien modellieren und damit nicht nur die Sicherheit sondern auch den Komfort der Eventlocations verbessern.
Ein Beispiel aus der Praxis stammt von der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Für die WM wurden sechs Stadien renoviert und damit auch die Sicherheitskonzepte angepasst. Die Evakuierungszeiten zeigten sich der Simulation als weit über dem Sicherheitsstandard. Mit Hilfe von PTV Viswalk konnten Änderungen vorgeschlagen werden, um die Sicherheit der Fans zu garantieren.
„Unsere Software arbeitet hinter den Kulissen, um Herausforderungen zu antizipieren, effektive Strategien zu entwickeln und das Gesamterlebnis für Teilnehmer*innen und Anwohner*innern gleichermaßen zu verbessern“, so Christian U. Haas. „So wie Transport for London den Verkehr während der Olympischen Spiele 2012 mit unserer Software optimiert hat, nutzen derzeit auch andere Städte und Veranstaltungsorte unsere Tools, um sich auf ihre Großveranstaltungen vorzubereiten.“