Die Digitalisierung hält schon lange Einzug in die Logistik – auf lokaler und unternehmensbezogener Ebene. Noch sind übergreifende Netzwerke Mangelware; man erkennt die digitalen Möglichkeiten aber bringt sie (noch) nicht zusammen. Das europäische Forschungsprojekt FENIX bereitet aktuell den Weg dafür: Die 45 Vertreter der beteiligten Unternehmen und Institutionen entwickeln die erste föderative Architektur für den Datenaustausch in der europäischen Logistikgemeinschaft aus Verladern, Logistikdienstleistern, Mobilitätsinfrastrukturanbietern, Städten und Behörden.

Digitale Logistik erfordert leistungsfähige Strukturen
„In der globalen Logistikwelt hat der Einzelkämpfer wenig Chancen. Zusammenarbeit ist Trumpf. Um die Logistikbranche zukunftsfähig zu machen, bedarf es leistungsfähiger Strukturen, die es Akteuren erlauben, effiziente und robuste Transportketten zu unterhalten“, erklärt Florian Krietsch, Logistikexperte und Teil des Projektteams von FENIX. „Und im Rahmen dieser Ketten stellt der Datenaustausch die wichtigste Voraussetzung dar.“ Das konkrete Ziel des FENIX-Projekts ist es daher, ein tragfähiges und valides Netzwerk von Plattformen zu schaffen, das den Datenaustausch und die gemeinsame Datennutzung durch und zwischen Transport- und Logistikunternehmen ermöglicht. Dabei soll die Konnektivität, d. h. eine sichere, vertrauenswürdige und dezentrale Vernetzung zwischen allen bestehenden und zukünftigen Plattformen, gewährleistet sein.
Standards gesucht
Plattformen können mittels ihrer Governance Rechte und Rollenkonzepte für Daten, Dienste und Nutzer erstellen. Diese sind Basis für sichere Aktionsräume, in denen sich Akteure schnell und eng verbinden. Um Interoperabilität, d. h. die nahtlose Zusammenarbeit von IT-Systemen für die digitale Logistik zu bieten, bedarf es jedoch einheitlicher Standards im Datenaustausch. Eine wichtige Anforderung hierbei ist die eindeutige Identifizierung von Logistiklokationen. So lässt sich über die überschneidungsfreie Identifikation von Lokationen eine Fracht weltweit bis zur Laderampe eindeutig identifizieren, bzw. ihr Transport übergreifend planen und optimieren. Ein Beispiel dafür ist die Global Location Number der GS1, eines der am Projekt beteiligten Unternehmen.
Aktuell: Projekttreffen zum Pilot Rhine-Alpine
Was tut sich beim deutschen Pilotprojekt „Korridor Rhein-Alpine“? Der Einladung der Rheinhäfen Karlsruhe zum kürzlich stattgefundenen Projekttreffen folgten diverse Projektteilnehmer und Experten. Auf der Agenda stand die Sicht externer, also nicht am Projekt beteiligter Logistikexperten auf die aktuellen Anwendungsfälle des Projekts und auf ihre zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten.
Die Teilnehmer waren sich einig: Die Konnektivität funktioniert! Durchgehende intermodale Transportketten in der Planung und Durchführung lassen sich durch einen gemeinsamen Datenaustausch optimieren. Weil freie Kapazitäten kurzfristig für Spediteure sichtbar werden, können sie gebucht werden. Einfahrende Lkws zu intermodalen Terminals sind für den Terminalbetreiber sichtbar und dank einer ETA-Prognose auch planbar. Auch die rechtliche Seite ist abgeklärt.

Marcel Huschebeck, der sich leidenschaftlich in der Forschung für eine zukunftsfähige Logistik engagiert, zeigt sich zufrieden: „Die Einrichtung der verschiedenen EU-Korridore ist schon heute ein Erfolg, weil sie durch die Vernetzung der Verkehrsträger die Vorteile für die Teilnehmer in Form reduzierter Kosten und Treibhausgasemissionen fördern.“ Das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) stellt dabei ein geplantes Netz aus EU-Korridoren dar. Dies setzt sich aus Straßen, Eisenbahnstrecken, Flughäfen und Wasserinfrastruktur in der Europäischen Union zusammen.
Wer verdient am Ende?
Die Frage der Wirtschaftlichkeit ist zentral – und auch Teil der Diskussion. Krietsch äußert sich zuversichtlich: „Natürlich stellt sich die Frage, was mit dem bisher Erreichtem aus dem Projekt passiert, wenn keine Fördergelder mehr fließen. Aber klar ist: Moderne Logistik kann sich nur in diese Richtung entwickeln. Auch die EU will die Digitalisierung in der Logistik pushen und seit Jahren Datenräume fördern und Lieferscheine wie Frachtbriefe sichtbar machen. Unsere Aufgabe im Projekt ist es auch, für Dritte den zweifelsfrei bestehenden Mehrwert erkennbar zu machen.“ Bis zum offiziellen Projektabschluss im Februar 2023 ist noch einiges zu tun.